Mit großem Erstaunen haben wir festgestellt, dass sich gestern ein „Besetzerinnen Kollektiv“ mit einem offenen Brief an den regierenden Bürgermeister Berlins gewendet hat. Darin melden sie ihre Ansprüche an der Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz an und beziehen sich dabei auf die Inszenierung „B6112″. In derselben Woche diffamierte der ehemalige Intendant der „Volksbühne-Berlin“ bei einer Veranstaltung im Londoner Goethe-Institut unter anderem eine Sprecherin des Kollektivs, die in unserem Namen agierte, persönlich und namentlich.
Da „B6112″ als transmediales, kollektives Großkunstwerk von der Kreativität und Interaktion aller Partizipierenden lebt, ist es grundsätzlich auf Expansion und Inklusion angelegt. Insofern hat uns die Initiative des „Besetzerinnen Kollektivs“ zwar überrascht, jedoch erkennen wir ihren künstlerischen Wert für unser Werk an. Wir freuen uns darüber, dass prekär lebende Kunstschaffende eigenmächtig und frech ihre Stimmen erheben und ausbrechen aus einem System der Enge und Angste. Mit einigen ihrer Formulierungen können wir uns durchaus anfreunden, andere laufen unseren Prinzipien zuwider.
Es ging „Staub zu Glitzer“ nie darum, sich selbst als Betreiber oder Ensemble der Volksbühne zu installieren und somit Arbeitsplätze der Mitarbeiterschaft zu gefährden. Unser Kollektiv hat sich außerdem niemals mit dem Terminus Besetzerinnen identifiziert. „Staub zu Glitzer“ ist und war ein Kollektiv von Kunstschaffenden. Wir verstehen uns als Enabler-Kollektiv. Unser Ziel ist die Etablierung eines neuen Stadttheaterkonzepts unter Einbezug von Miet- und Stadtinitiativen, der freien Kunst- und Theaterszene, einem heterogenen Publikum und einem internationalen Expertengremium. Neben einer Wohnungslosenvertretung sollte Platz geschaffen werden für politische Veranstaltungsformate zu aktuellen Diskursen, Cryptopartys, Hackerinnenspaces und avantgardistische Kunst von unten. Wir arbeiten für eine Volksbühne, die eine zentrale Rolle in der gesamtstädtischen Widerstandsbewegung spielt, ein Theater, das sich intern und extern gegen bürgerliche Exklusionsmechanismen stellt.
Wir behandeln diese Episode als gleichberechtigten Erzählstrang innerhalb des B6112-Geschichtenuniversums und sind gespannt wie es mit dieser Binnenerzählung weitergeht. Auch die für den 6. Mai geplante Veranstaltung werden wir interessiert beobachten.
Wir möchten ein weiteres Mal auf die Prämissen zur Teilnahme bei Staub zu Glitzer hinweisen: Ein Bekenntnis zu Feminismus, Antirassismus, queerem Leben und zu dem Wunsch, die kapitalistische Gesellschaftsordnung zu überwinden.